Vom Ursprung der Paravicinen
Brief von Herrn Alfonsus Ciccarellus Mevenias an Herrn Carolo Paravicino und Herrn Paolo Paravicino con Como aus dem Jahre 1586.
Aus dem lateinischen Original, welches zu Puschlav/Bünden gedruckt bei Antoni Landolph, in das Deutsche übersetzt von Vincentio Paravicino zu Basel anno domini 1668
Dem ehrenwerten und wohlgeachteten Herrn Carolo Paravicino und seinem vielwerten und geliebten Herrn Bruder offeriert die Übersetzung des gegenwärtigen Tractatleins als Zeichen seines schuldig, wohlmeinenden Gemüts.
Incentius Paravicinus, 5.S. Theol. Stud.
Dem vortrefflichen Mann und Herrn Paulo Paravicino con Como, beider Rechten Doktori wohnhaften zu Rom.
Vom Ursprung des adligen und uralten Geschlechts Paravicinen von Como
Das adelige und alte Geschlecht der Paravicinen con Como, einer berühmten Stadt der Mailänder, hat ihren Ursprung genommen zu Zeiten Caroli des Großen. Von einem herrlichen und berühmten Mann, welcher Paravicinus hieß und in seinem Schild einen Schwan führte. Das kann bewiesen werden, aus Franasio Campano, welcher im vierten Buch von den berühmten Geschlechtern von Italien und ihrem Ursprung im 90. Kapitel auf diese Weise schreibt:
Zu Zeiten Caroli des Großen haben die Adeligen Paravicinen ihren Anfang in Como durch einen Helden, Paravicinus genannt, welcher in seinem Schild anstelle eines Wappens einen Schwan führte genommen.
Vom Namen des Geschlechts der Paravicinen
Wer nun dieser Paravicinus gewesen ist, lässt sich folgendermaßen beleuchten. In den Historien der Könige von Frankreich ließt man, dass Carlos der Große es pflegte zwölf adelige Helden und tapfere Mannen mit sich zu führen, die von ihm Pares genannt wurden, weil sie beim Thron ihrer Majestät an Ehr und Ansehen "Pares", also gleich waren. Wie Carlos selbst gehorchte auch jedermann, selbst die obersten und vornehmsten königlichen Räte, diesen Zwölfen. So waren sie durch die Verrichtung der Allgemeingeschäfte des Königreiches von großem Ansehen. Aus diesen Zwölf haben die noch heutigen zwölf Pares Francia ihren Ursprung. Namentlich Erwähnung findet Paravicinus im Ephemerien dibus des Eleutherius Mirabellus. Dieser schrieb von der Ankunft und Krönung Caroli des Großen in Italien und benennt die zwölf Helden in seiner Begleitung, von denen einer Paravicinus war.
Aus dieser Schrift ist nun eindeutig zu entnehmen, dass das Geschlecht der Paravicinen durch Paravicinus, als einen der zwölf Paribus Caroli Magni des Königs von Frankreich und römischen Kaisers, entsprang.
Berühmte Männer aus dem Geschlecht der Paravicinen
Der Magister Johannes de Vergilio von Ronnonia berichtet in seiner Chronik oder Historie von dem Katholischen Reich der römischen Kirche im 25. Kapitel bei der Aufzählung der katholischen Geschlechter des ganzen Erdbodens, auch unter anderen vom Geschlecht der Paravicinen von Como, und dass viele diesen Geschlechts zu unterschiedlichen Zeiten als wackere Kriegsleut der römischen Kirche tapfer zu Diensten waren.
So wird berichtet von Vivianus Paravicinus von Como, ein tapferer Mann und streitbarer Soldat, hat unter Gottfried von Bouillon in Eroberung des gelobten Landes rühmlich gedient und sich tapfer gehalten.
Ebenso Pinellus Paravicinus, auch ein tapferer Mann im selben heiligen Kriege, Hauptmann über Dreißig auf einem Schiff mit dreien der Ruderbänke, der viel herrliches auf dem Meer verrichtet zur Freude der Kirche.
Eleutherius Mirabellus in seinem Ephemeri dibus erzählt, dass Carolus Paravicinus, ein großmächtiger Mann mit höchstem Lob seines Vaterlandes und seines adeligen Geschlechts, in dem Kreuzzug wider Kaiser Friedericum unter Papst Gregorio dem VIII viel ruhmwürdiges für die anderen dieses Namens und die Kirch Gottes verrichtet habe.
Magister Johannes de Vergilio schreibt in der Chronik in Kapitel 29, in dem er vom Katholizismus redet:
Selmus Paravicinus von Como, ein zu seiner Zeit sehr berühmter Mann und tapferer Verteidiger des katholischen Glaubens, hat vier Bücher geschrieben wieder die Bonatisten, drei von der heiligen Dreifaltigkeit, ein Buch von der Vollkommenheit des christlich Glaubens und viele andere mehr, die uns aber bisher noch nicht zu Händen gekommen ist.
Hier ersichtlich ist nun, wie katholisch die adelige Famile der Paravicinen war und welch großartige Persönlichkeiten ihr entsprossen, die mit Wissenschaft der Waffen geziert, auch mit Kunst und Tugend gewappnet, soviel denk- und ruhmwürdige Sachen zu Gunst der römischen Kirche ausgerichtet haben.
Vom Schild und Wappen des adeligen Geschlechts der Paravicinen
Dieses adelige Geschlecht der Paravicinen hält noch bis auf den heutigen Tag das rote Wappen seines Urhebers, welches ein weißen Schwan auf einem roten Feld zeigt und von den rühmlichen Taten dieses adeligen Hauses zeugt. Der Schwan, nach der alten Bildschrift der Ägypter, bedeutet einen gelehrten uns sanftmütigen Menschen, der sein aufrichtiges Gemüt nicht befleckt, die weiße Farbe des Schwans insinniert die Aufrichtigkeit des gelehrten Gemüts. Oder der Schwan bedeutet, wie Pater Pierius im 23. Buch seiner Hieroglyphicorum beschreibt, die Begierde nach hohem Ruhm und Ansehen. Welches dann der Schwan mit dem Poeten gemein hat, ist dass die nach Ruhm und Ehr streben auch gunst- und lobbegierig sind. Oder aber der Schwan bedeutet eine erfreuliche und glückliche Schifffahrt, um sich gegen die mächtigen Wasser zu behaupten, und deswegen werden auch allein Schiffsleuten Schwanen zugeeignet.
Wenn wir nun betrachten wollen, wie der Schwan hieroglyphisch einen gelehrten Mann mit besonderer Aufrichtigkeit des Gemüts bedeutet, kommt einem Selmus Paravicinus in den Sinn. Ein katholischer aufrichtiger und gelehrter Mann, der die Kirche Gottes mit seiner Kunst und Wissenschaft geschützt und geziert hat.
Wenn der Schwan Begierde nach hohem Ruhm und Herrlichkeit bedeutet, sind es die alt- und neuberühmten Männer aus diesem Geschlecht, die zu jeder Zeit für die Kirche Gottes sowohl zu Kriegs- als auch zu Friedenszeiten so herrliche Sachen verrichtet haben.
Wenn er nun glückliche Schifffahrt bedeutet, steht er auch für Pinelus Paravicinus. Ein glückhafter Hauptmann über drei Schiffe mit drei Ruderbänken, der im heiligen Krieg bei unterschiedlichen Taten sich hat so tapfer gehalten.
Wenn man sich die Farben des Schildes betrachtet, so bedeutet die weiße oder silber Farbe die Aufrichtigkeit und Gelehrtheit dieses adeligen Geschlechts. Die rote Farbe aber bedeutet die Mannhaftigkeit und repräsentiert das Feuer, welches das Geschlecht alle Zeit in sich trägt. Denn stets haben die großmächtigen Männer dieses Geschlechts alle Zeit nur nach hohen Dingen mit sonderem Ruhm gefärbet, wie sie es annoch auf den heutigen Tage tun.
Nehmet denn hin, hochgelehrter Herr Paravicini, diese Anfänge eures hochadeligen Hauses, welche billig in den geheiligten Tempel der Ewigkeit zu einem unauslöschlichen Gedenkzeichen werden. Denn die Ursprünge Eures hochadeligen Hauses sind der adelige und vortreffliche Held Paravicinus, von dem anfänglich Euer Geschlecht entstanden. Seit der Zeit des Kaisers Caroli des Großen, zu welcher es angefangen, hat Euer Geschlecht viele vortreffliche und katholische Nachkommen hervorgebracht, die unter dem Zeichen des Schwans großes vollbracht haben.
Lebet wohl viel geehrter Herr Paravicini und verbleibt Eurem Alfonso günstig.
Rom, A.D. 9. August 1586
Ich, Alfonsus Ciccarellus Mevenias, hab alles oben gedachte geschrieben und aus oben gemeldeten Autoren getreulich ausgezogen.
A.D. 9. August 1586, mit eigener Hand unterschrieben und mit meinem gewöhnlichen Pittschaft verwahrt.
Alfonsus Ciccarellus Mevenias